Schnellkraft trainieren
- Schnellkraft beschreibt die Fähigkeit, möglichst viel Kraft in einer möglichst kurzen Zeitspanne freizusetzen
- die Beschleunigung ist wichtig für die Schnellkraft
- Schnellkraft wird benötigt, um explosive Bewegungen auszuführen
- je größer die Maximalkraft ist, umso besser ist der Muskel auf die Schnellkraft vorbereitet
- für die Schnellkraft werden Teilenergien zu einer Gesamtenergie gekoppelt
Die Schnellkraft beschreibt die Fähigkeit, möglichst viel Energie im Körper zu entwickeln, die in einem einzigen Augenblick freigesetzt wird. Sie ist die Explosivkraft, die einen Hochspringer über die Latte oder einen Weitspringer vom Balken katapultiert, sie ist die Energie, mit der ein Diskuswerfer seinen Diskus in die Luft schleudert oder ein Boxer seine Faust gegen das Kinn seines Gegners krachen lässt.
Bei all diesen Aktionen spielt die Beschleunigung eine entscheidende Rolle. Je mehr ein Sportler sein Sportgerät oder seine eigene Masse beschleunigen kann, umso mehr Energie steht ihm für die Aktion zur Verfügung. Die physikalische Formel berechnet die kinetischen Energie aus der halben Masse, die beschleunigt wird, mal der Geschwindigkeit, mit der beschleunigt wird, zum Quadrat (Ekin = 1/2m * v²). Da die Geschwindigkeit potenziert wird, ist sie ungleich wichtiger für die Energieentwicklung als die Masse (die Geschwindigkeit, die die Faust erreicht, wiegt mehr als das Körpergewicht des Boxers, der sie ausfährt).
Systematik des Schnellkraft-Trainings
Bei der Schnellkraft geht es darum, möglichst viel von der Maximalkraft des Muskels möglichst schnell freizusetzen und so einen Impuls zu entwickeln, mit dem ein Widerstand (die eigene Massenträgheit oder ein zu beschleunigender Gegenstand beziehungsweise Sportgerät) überwunden wird. Je besser ein Muskel trainiert ist, das heißt, je mehr seiner Fasern an der Kontraktion beteiligt sind, umso mehr Energie kann er aufbauen. Daher hängt die Verbesserung der Schnellkraft immer auch mit der Steigerung der Maximalkraft zusammen. Darüber hinaus muss der Muskel durch das Nervensystem gereizt werden. Je stärker der Reiz, umso intensiver die Reaktion, und je zügiger er beim Muskel ankommt, umso schneller arbeitet er.
Beim Schnellkrafttraining wird mit der Maximalkraft gleichzeitig auch die intra- und intermuskuläre Koordination im Muskel beziehungsweise zwischen einzelnen Muskelgruppen optimiert.
Je mehr Muskelgruppen bei einer Schnellkraftaktion zusammen agieren, umso mehr ist die Kopplungsfähigkeit gefragt, mit deren Hilfe Teilenergien von Muskel zu Muskel weitergeben werden, die sich schließlich in einem Punkt als Gesamtenergie entlädt. Ein Weitspringer muss seinen Anlauf so wählen, dass er den Balken genau in dem Moment erreicht, wenn er die höchste Geschwindigkeit aufgebaut hat, um damit abzuspringen, wobei ihm eine ausgeprägte Orientierungsfähigkeit hilft. Zum Beschleunigen seiner Masse setzt er eine Reihe von Teilbewegungen zu einem komplexen Bewegungsablauf zusammen und koppelt die so gewonnene maximale Bewegungsenergie an die Sprungkraft. Ähnlich agieren Kugelstoßer, Speerwerfer, Hammerwerfer usw., die die Energie ihrer Masse punktgenau auf ihr Sportgerät übertragen.
Schnellkraft und Reaktivkraft
Bei der Schnellkraft kommt auch die Reaktivkraft zum Tragen. Sie fügt die Energie, die ein vorgespannter Muskel im Zuge einer Negativbewegung gespeichert hat, der positiven Gesamtbewegung hinzu. Wenn wir aus dem Stand hochspringen wollen, tun wir dies nicht aus der Ruhe heraus, sondern lassen uns vorher leicht in die Knie sacken, bevor wir uns vom Boden abstoßen, um so die Sprungmuskulatur vorzuspannen.
Daher wird diese Reaktivkraft beim Schnellkrafttraining ebenfalls mittrainiert, allerdings langsamer als die explosive Positivbewegung. Bei einer Kniebeuge geht es langsam hinunter und explosiv wieder hoch. Beim Bankdrücken wird das Gewicht langsam herabgelassen, bevor es schnell wieder rausgedrückt wird. Die Sprungkraft kann verbessert werden, indem man von einem Kasten hinunterspringt und die Fallenergie kontrolliert mit der Sprungmuskulatur auffängt (Tiefsprünge).
Im Wettkampfsport unterstützen flexible Kunstfasern in der Sportkleidung zusehends die Reaktivkraft des Athleten. So helfen Stützstrümpfe Läufern mehr kinetische Energie zu speichern und Bankdrücker zwängen sich in superenge Trikots, deren Elasthan-Anteil die Ergebnisse beim Drücken maßgeblich beeinflusst.
Übungen zum Training der Schnellkraft
Im Gegensatz zur Maximalkraft, die eher langsam aufgebaut wird, werden beim Training der Schnellkraft große Explosivkräfte an den Muskelfasern freigesetzt, die einen untrainierten Muskel leicht verletzen können. Daher ist das Schnellkraft-Training nicht für Einsteiger geeignet.
Die Schnellkraft wird im aufgewärmten, aber ausgeruhten Zustand trainiert. An den Geräten bewegt man dazu Gewichte von 40 bis 50 Prozent des maximalen Gewichts, das kontrolliert ein einziges Mal bewegt werden kann. 6 bis 12 schnelle, aber kontrolliert ausgeführte Wiederholungen bei 4 bis 6 Sätzen bringen gute Ergebnisse.
Je nach Anforderungen der Sportart bieten sich neben dem Training mit Gewichten Übungen an, die Springen und Werfen beinhalten, wie beispielsweise Hocksprünge, gesprungene Kniebeugen in den Ausfallschritt, gestoßene Liegestütz (mit Hände klatschen), Strecksprünge, einen Medizinball werfen, Slalomläufe, bei denen immer wieder abgebremst und beschleunigt werden muss, und Tiefsprünge.