Koordination - die Rhythmisierungsfähigkeit trainieren
- Rhythmisierungsfähigkeit heißt, einen Rhythmus erkennen und ihn verinnerlichen zu können
- Rhythmisierungsfähigkeit ist nicht nur für tänzerische Disziplinen wichtig
- Rhythmisierungsfähigkeit resultiert in erster Linie aus Erfahrungswissen und ist damit gut trainierbar
- Rhythmus kann von außen vorgegeben werden oder er strukturiert eigene Bewegungen
- Rhythmus wird übers Sehen, Hören und seltener über das Fühlen aufgenommen
- ein Rhythmus kann zyklisch oder azyklisch ablaufen
- Rhythmisierungsfähigkeit wird über Spiele und spielerische Bewegungen geschult
Die Rhythmisierungsfähigkeit ist eine der koordinativen Fähigkeiten und ist nicht nur bei tänzerischen Disziplinen gefordert, wenn sie dort auch eine zentrale Rolle spielt. Sie umfasst allgemein das Vermögen, den Ablauf von Bewegungsfolgen korrekt zu erfassen und sie zeitlich-dynamisch exakt motorisch umzusetzen. Dabei kann dieser Rhythmus von außen vorgegeben oder aber verinnerlicht sein. Neben dem Tanzen ist die Fähigkeit, den eigenen Bewegungsrhythmus an einen vorgegebenen anzupassen, für das Nordic-Walking, den Skilanglauf, im Kampfsport, beim Tischtennis, bei Sprung- und Wurfdisziplinen in der Leichtathletik und vielen weiteren Sportarten, bei denen ungleichförmige Bewegungen im Vordergrund stehen, wichtig.
Wie die anderen koordinativen Fähigkeiten resultiert auch die Rhytmisierungsfähigkeit mehr aus erlerntem Wissen, als aus angeborener Veranlagung und ist somit sehr gut trainierbar. Ist sie einmal in einer bestimmten Sportart angelegt, lässt sie sich relativ problemlos auf Variationen in anderen Sportarten übertragen.
Äußerer Rhythmus - von externen Quellen vorgegeben
Rhythmus wird in erster Linie auditiv (hören) in Form von Musik oder einem vorgegebenen Takt und/oder visuell (sehen) anhand der Bewegungen eines anderen wahrgenommen. Seltener wird er taktil (fühlen) durch Berührungen aufgenommen. Ein externer Rhythmus wird zunächst mit den Sinnen erfasst und dann durch Klatschen, Tippen mit den Füßen, mit den Fingern schnippen, Zählen oder Sprechen (auch lautlos für sich) aufgenommen. Daraufhin versucht man, ihn in eigene motorische Bewegungen zu überführen. Um ihn sich anzueignen, wird das Musters beziehungsweise seine Struktur aufgeschlüsselt. Ist das geschehen, kann weiter mit ihm gearbeitet und unter Umständen auf eine Gruppe übertragen werden. Wer den Rhythmus einmal aufgenommen hat, kann sich harmonisch mit der Gruppe im Raum bewegen und sich von ihm tragen lassen.
Das Bestreben, Bewegungen nach einem bestimmten Rhythmus auszurichten wird, insbesondere im Kampfsport, aber auch gern als Strategie gegen den Rhythmisierenden gerichtet. Dabei wird der Gegner von einem Rhythmus eingelullt, um seine Bewegungen vorhersagbar zu machen. Wenn er ihn schließlich verinnerlicht hat und sich gedankenverloren von ihm tragen lässt, wird er bewusst wieder gebrochen, um Treffer zu setzen.
Innerer Rhythmus - Optimierung des Bewegungsflusses
Die Rhythmisierungsfähigkeit ist jedoch nicht nur für die Interaktion mit anderen von Bedeutung, sondern auch für die Optimierung von eigenen Bewegungsabläufen. Indem sie dabei hilft, Einzelbewegungen zu einer zeitlichen-, räumlichen- und energetischen Einheit zu verbinden, läuft die Gesamtbewegung rund und exakt ab. Ein Diskuswerfer dreht sich in der Beschleunigungsphase rhythmisch, damit er die maximale Bewegungsenergie aufbauen kann, die er auf die Scheibe überträgt. Unrunde Drehungen würden ihn ausbremsen. Je mehr er den Rhythmus verinnerlicht hat, umso besser wird die Qualität seiner Bewegungen. Das gilt sowohl bei zyklischen Bewegungsabläufen, wie beispielsweise beim Hürdenlauf, als auch für azyklische wie beim Hochsprung oder Kugelstoßen.
Wenn einzelne Muskeln gegeneinander arbeiten, der Körper also verkrampft, kann er nur wenig Energie entwickeln. Rhythmus hilft im Zusammenspiel mit der Differenzierungsfähigkeit dabei, einen komplexen Bewegungsablauf zu gliedern und den steten Wechsel von Anspannung und Entspannung der Muskeln durch Akzentuierung aufeinander abzustimmen.
Systematik bei der Schulung der Rhythmisierungsfähigkeit
Da die Rhythmisierungsfähigkeit eine überwiegend kognitive Leistung ist, ist sie sehr gut trainierbar und, einmal angelegt, lässt sie nicht so schnell nach wie die physischen sportmotorischen Fähigkeiten Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit oder Beweglichkeit. Daraus folgt jedoch auch, dass Trainingsreize nicht mit der Steigerung von Gewichten, Laufstrecken etc. erreicht werden, sondern durch Variation. Ist ein bestimmter Rhythmus erst einmal verinnerlicht, kann ihm ohne weitere kognitive Anstrengung gefolgt werden. Es muss nicht mehr mitgezählt oder geklatscht werden. Weitere Steigerungen der Rhythmisierungsfähigkeit sind jetzt nur noch durch Variation möglich, indem etwa die Geschwindigkeit des Rhythmus erhöht wird, Richtungen geändert, die Intensität oder aber die Bewegungen abgewandelt werden.
Alles, was die Aufnahme des Rhythmus erschwert, kann fürs Training eingesetzt werden. Es kann vorab eine hohe konditionelle Belastung erfolgen, verschiedene Rhythmen können miteinander kombiniert werden, es kann mit anderen als den üblichen Geräten trainiert werden oder es kann zusammen mit einem Partner trainiert werden, der einem anderen Rhythmus folgt.
Übungen zur Verbesserung der Rhythmisierungsfähigkeit
Übungen zur Verbesserung der Rhythmisierungsfähigkeit können allein, mit Partner oder in der Gruppe ausgeführt werden. Das Seilspringen ist eine gute Aufgabe für das individuelle Training. Dort kann nach vorgegebenen Rhythmen gesprungen werden (3x mit Zwischensprung, danach 2x ohne), während des Laufens durchs Seil gesprungen werden sowie weitere Variationen durchprobiert werden.
Auch die Übungen in der Koordinationsleiter erfordern ein hohes Maß an Rhythmisierungsfähigkeit. Dabei wird eine Serie einfacher Bewegungsabfolgen möglichst schnell absolviert, was am besten klappt, wenn der Sportler die Leiter bis zum Ende in einem festen Rhythmus durchläuft.
Die Laufschule kann durch Laufen mit Sprüngen über Hindernisse, wobei die Hindernisse unterschiedlich weit auseinanderstehen, erweitert werden. Hier muss der Sportler Schrittweite oder Anzahl der Schritte dem Abstand gemäß anpassen und überwindet so den Parcours azyklisch.
Die Rhythmisierungsfähigkeit lässt sich auch sehr gut mit Bällen schulen. Man wirft einen Ball aus der Grätschstellung heraus gegen eine Wand und fängt ihn in Schrittstellung wieder auf, wobei das Bein gewechselt wird. Diese Übung schult auch gleichzeitig die Differenzierungsfähigkeit zwischen den Bewegungen des Oberkörpers und der Beine.
Soll es darum gehen, einen externen Rhythmus zu erfassen, schwingen zwei Sportler rhythmisch ein Schwungseil. Ein dritter muss den Rhythmus aufnehmen und zum passenden Zeitpunkt in das Seil einsteigen und wieder hinauslaufen. Die Aufgabe kann erschwert werden, indem der Sportler während des Springens einen Ball fangen und ihn wieder zurückspielen muss.
Wird die Rhythmisierungsfähigkeit mit dem Partner oder in der Gruppe trainiert, geht es meist um die Synchronität von Bewegungen. Zwei Partner stehen sich einander gegenüber und prellen einen Ball ein paar Mal im selben Takt und spielen ihn sich dann gegenseitig zu. Oder einer der Partner gibt prellend einen Takt vor, den der andere aufzunehmen versucht. Schwieriger wird das ganze, wenn der zweite Partner den ersten nicht sehen kann (Rücken an Rücken), sondern einzig nach Gehör den Takt aufnehmen muss. Es können auch zwei verschiedene Ballformen im Spiel sein, so dass der zweite Partner mit einer anderen Intensität prellen muss.